Was gibt es da nicht alles für Bindestrich-Anarchismen!
Da ist einmal, als bekanntester Vertreter, der Anarcho-Syndikalismus, der Individual-Anarchismus, dann der Öko-Anarchismus, dann der Feministische-Anarchismus, der Anarcho-Kapitalismus eines Teils der amerikanischen Libertären. Schließlich ist da noch das gedankliche Konzept eines sogenannten „anarchistischen Konservativismus“, vertreten beispielsweise von Ernst Jünger oder Indro Montanelli.
Gut so!
In allen politischen Lagern und allen sozialen Gruppen erkennen Menschen in unserer Zeit die Gefahr innerhalb unserer modernen Welt, einerseits der Verzifferung des von allen Strukturen gelösten Individuums, sowie der Bürokratisierung und Technisierung aller Lebensbereiche und damit der Degradierung des Menschen zur Maschine, andererseits der Infragestellung des Konzepts der Integrität des Einzelnen und der Auflösung des Konzepts des autonomen Ichs, die beide – vordergründig widersprüchlich – zwei Seiten der fortgesetzten Tendenz moderner Gesellschaften hin zum Totalitarismus sind.
Die jeweiligen weltanschaulichen Präferenzen des Einzelnen entscheiden dann, wie sich der jeweilige Bindestrich-Anarchismus definiert.
Doch wie alle anderen Vertreter von an der Gestaltung des Lebens innerhalb einer Gemeinschaft interessierten Konzepte, sind auch die Bindestrich-Anarchisten dazu verdammt, zu versuchen, ihr Programm innerhalb und zu den Bedingungen der sie umgebenden Umwelt umzusetzen.
Daraus ergibt sich ein Widerspruch innerhalb aller, vor allem aber der erwähnten sich im Gegensatz zu den Tendenzen aller Gesellschaften, insbesondere aber moderner Gesellschaften befindlichen politischen Konzepte.
Um diesem Widerspruch zu entgehen, braucht es das Selbsteingeständnis des partikulären, die Kräfte der Gesellschaft nach Möglichkeit aushegenden Wesens des politischen Wollens der nach obiger Definition bestimmten Anarchisten.
Es ist letzendlich eine defensive, verzögernde, verneinende Haltung, bedingungslos gegen die Kräfte der Gesellschaft, mitunter nur bedingt gegen den Staat und seine Institutionen, die einem nach obiger Definition bestimmten Anarchisten angemessen ist.
Das Nein; es ist die kürzeste Zusammenfassung all dessen, was in diesem Projekt vertreten wird.
Es beschreibt die Anfälligkeit der modernen Welt für politische und gesellschaftliche Katastrophen und die fortgesetzte Entwicklung moderner Gesellschaften hin zum Totalitarismus. Beides hat seinen Grund in der fortschreitenden Vermassung der Gesellschaft und der gleichzeitigen Auflösung aller anderen sozialen Bindungen.
Es sieht die Vermassung als charakteristisch für die Moderne an. Es lehnt die Vermassung und alles, was mit ihr einhergeht ab. Damit ist es antimodern; konservativ.
Der Tendenz der Moderne zum Totalitarismus stellt es sein Ideal der Freiheit entgegen. Dem kollektiven Empfinden und Wollen in der Masse und der Auflösung der Integrität des Individuums in ihr stellt es den ungebundenen, sich selbst verantwortlichen Einzelnen entgegen.
Auf Grund der Geschichte des 20. Jahrhunderts sieht es außerdem, anders als der klassische Konservativismus, den neuzeitlichen Staat nicht grundsätzlich als Verbündeten gegen die Auswüchse der Moderne an, sondern verweist auf die Rolle der paternalistischen oder pädagogischen Praxis der Herrschaftsausübung durch eben diesen Staat bei der Verstärkung der im ersten Punkt konstatierten gesellschaftlichen Tendenzen. Darum ist es anarchistisch.
Freiheit definiert es als das Vorhandensein von Alternativen.
Es unterstellt, dass, auf Grund von unhinterfragbaren Vorstellungen, auch auf Grund der unbewussten und meist uneingestandenen Instinkte des sozialen Tieres Mensch, das Individuum in der Gemeinschaft, der in diesem Sinne „politische Mensch“, einer strikten Selbst- und Fremdzensur unterliegt, damit sein Verhalten aber nicht selbstbestimmt, er also nicht frei ist.
Auf Grund dessen ist sein Ideal der Freiheit des Einzelnen nicht „politisch“ – im Sinne von gesamtgesellschaftlich – umsetzbar.
Das Vorhandensein von Alternativen sieht es demnach nur in der Option des Einzelnen zur Verneinung von Staat und Gesellschaft verwirklicht. Sein gesellschaftliches und politisches Programm ist das „Nein“. Es ist in diesem Sinne nihilistisch.
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